I.
Pogrom und Mobgewalt PDF
Luis
Liendo Espinoza
Ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Juli 2005
beschreibt die Vorgeschichte zu den Ereignissen in Hădăreni/Rumänien
folgendermaßen:
"Am Abend des 20.
September 1993 brach eine Schlägerei in einer Bar im Zentrum der
Ortschaft Hădăreni (Mureş district) aus. Rapa Lupian Lăcătuş,
Aurel Pardalian Lăcătuş, zwei Roma-Brüder und Mircea Zoltan, ein
weiterer Roma, begannen einen Streit mit dem Nicht-Rom, Cheţan
Gligor. Die verbale Konfrontation artete in eine physische aus,
welche mit dem dem Tod von Cheţan Crăciun endete, der seinem Vater
zu Hilfe kommen wollte. Die Roma flohen daraufhin vom Tatort und
suchten Schutz in einem Nachbarhaus." (1)
Die
Reaktion auf diese gewaltsame Auseinandersetzung war spontan, brutal
und traf auf keinen Widerstand innerhalb der Nicht-Roma Bevölkerung.
Ein Mob, darunter selbst Polizisten und der Polizeichef der
Ortschaft, belagerte das Wohnhaus, in dem die 3 Roma Zuflucht gesucht
hatten und setzte das Haus in Brand. Als sich zwei Roma vor den
Flammen aus dem Haus retten wollten, wurden diese vom Mob mit Pfählen
und Knüppeln angegriffen. Rapa Lupian Lăcătuş starb in Folge der
Angriffe an inneren Blutungen, mehrfachen Verletzungen seiner Leber
und Hämatomen auf 70% seines Körpers. Sein Bruder Aurel Pardalian
Lăcătuş wurde ebenfalls vom Mob gelyncht, eine Autopsie ergab 89
Läsionen auf seinem Körper. Mircea Zoltan wurde mit Gewalt daran
gehindert, das brennende Haus zu verlassen und verbrannte in den
Flammen.
Zu
diesem Zeitpunkt gerieten die verbliebenen Roma in der Ortschaft in
Panik und versuchten ihre Kinder und Angehörigen in Sicherheit zu
bringen. Nach dem Lynchmord an den drei Roma brannte der Mob 13
weitere Roma-Häuser ab, zerstörte Autos und Ställe. Der Terror zog
sich noch bis zum nächsten Tag hin, als Roma, welche in den
zerstörten Häusern nach Habseligkeiten suchten oder ihre Schweine
aus den Ställen retten wollten, von verbliebenen Gruppen geschlagen
oder von Polizisten mit Pfefferspray drangsaliert wurden. Die
Sippenhaftung ist ein festes Prinzip im Umgang der
Mehrheitsgesellschaft mit Roma. Jede tatsächliche oder vermeintliche
Verfehlung eines Roma wird mit unverhältnismäßiger Gewalt
blindlings an unbeteiligte Roma geahndet.
Das
European Roma Rights
Center (ERRC),
eine etablierte NGO, die auf internationaler Ebene tätig ist,
spricht von rund 30 Pogromen gegen Roma, welche in den 90er Jahren in
Rumänien stattfanden.
Die
Berichte über die Welle der Pogrome gegen Roma im
post-kommunistischen Rumänien lesen sich wie Schauergeschichten aus
einer vergangenen Zeit. Mit Fackeln, Knüppeln und Mistgabeln
bewaffnete Anwohner, welche brandschatzen und Roma, auch Frauen und
Kinder, brutal angreifen und verjagen. Polizisten, welche
nichtsahnende Roma, die gerade von der Arbeit heimkehren und mitten
im Pogrom landen, verschleppen und stundenlang misshandeln, Roma
Familien, welche in Panik vor dem Mob fliehen, bei Verwandten im
Nachbarort Unterschlupf finden, sich in Ställen oder im Wald
verstecken. In manchen Fällen zieht sich die Gewalt über Tage hin.
Rechnet man die Folgen der Gewalt - Obdachlosigkeit, die Weigerung
der Behörden die Vorfälle adäquat zu untersuchen und den Opfern
materiell beizustehen - hinzu, finden sich manche Roma monatelang in
einer feindseligen Umwelt wieder, die ihre Existenz effektiv bedroht.
Nach
einem schweren Angriff auf eine Roma-Siedlung in Basarab/Rumänien im
Dezember 1990 bei dem 15 Roma-Wohnhäuser durch einen Mob von ca. 400
Personen, darunter der Polizeichef, zerstört und mindestens 15 Roma
verletzt wurden, ebbt die Gewalt nicht ab. Eine Augenzeugin
berichtete gegenüber Human Rights Watch (HRW, damals Helsinki
Watch):
"Ich
war mit meinen vier Kindern zuhause, als eine große Anzahl an
Anwohnern sich dem Wohnblock (genannt NATO), in dem ich lebe,
näherte. Dies war am zweiten Tag [des Pogroms] um ca. 16.30. Ich
verlor meinen Vorderzahn durch einen Schlag auf meinem Mund durch
einen Anwohner. Meine Kinder wurden auch geschlagen. Eines wurde am
Kopf geschlagen, aber die Verletzung war nicht ernsthaft. Ich ging
nicht zum Doktor, aber sie können sehen, ich habe keinen Zahn. Einen
Monat lang hatte ich Angst, hinaus zu gehen. Ich sah auch Laura
Stoian, welche schwanger war und geschlagen wurde. Sie musste
aufgrund ihrer Verletzungen in ein Spital und zog darauf hin, in eine
andere Ortschaft."
Am
zweiten Tag des Pogroms wurden weitere 10 Wohnungen angegriffen und mindestens 10 Roma geprügelt. Eine weitere
Augenzeugin beschreibt ihr Leben nach dem Angriff:
"Einen
Monat lang reisten wir herum, lebten unter einer Brücke, auf
Bahnhöfen etc. Es war kalt, verregnet und mein kleines Mädchen
wurde krank. Sie war vorher niemals krank gewesen, sie starb am 14.
März. Wenn ich heute zum Markt gehe, werde ich von den Leuten
bedroht, sie sagen, sie werden mich töten. In der Nacht haben wir
Angst schlafen zu gehen. Wir haben Kinder. Mein Ehemann ist
inhaftiert und ich bin in der Nacht allein mit drei Kindern.
Natürlich wurde niemand für die Beschädigungen unserer Heime oder
dafür uns geschlagen zu haben inhaftiert."
In
Dolno Belotintsi/Bulgarien im Februar 1994 zogen sich die Angriffe
ebenfalls über mehrere Tage hinweg. Am 24. Februar wurde nach einem
Mord an einem Nicht-Roma durch einen Roma eine Roma-Siedlung durch
Dutzende Anwohner angegriffen. Die Anwohner traten die Türen der
Häuser ein, zerrten die Roma unter Schlägen, zum Teil mit Knüppeln,
und Drohungen gewaltsam aus den Häusern. Die Roma wurden von den
Angreifern am Ortsplatz versammelt, mussten sich in Reihen aufstellen
(!) und wurden gezwungen, in die vier Kilometer weit entfernte
Ortschaft Nikolovo zu marschieren. Nachdem die Gruppe in Nikolovo
angekommen war, entfernten sich allmählich die Angreifer. Die
Mehrzahl der Roma versuchte aus Angst vor weiteren Angriffen in
anderen Ortschaften unterzukommen. Am 26. Februar wurde ein
Roma-Wohnhaus angegriffen und niedergebrannt. Am 27. Februar fand
eine Anti-Roma Demonstration im Anschluss an das Begräbnis des
ermordeten Nicht-Roma statt. Einer der Organisatoren der
Demonstration war der Bürgermeister der Ortschaft, während der
Kundgebung riefen die Teilnehmer "Tod den Zigeunern!". Nach
der Demonstration wurden erneut mehrere Roma-Wohnhäuser angegriffen.
Als HRW im Mai 1994 die Vorfälle untersuchte, schliefen obdachlose
Opfer des Pogroms zum Teil in öffentlichen Toiletten, um ein Dach
über den Kopf zu haben.
Zu
den schweren Angriffen zählen auch Überfälle durch größere
Gruppen von Rechtsextremisten und Skinheads auf Wohnhäuser und in
der Öffentlichkeit. So in Žiar
nad Hronom/Slowakei
im
Juli 1995 als 30 Skinheads wahllos Roma in der Ortschaft angriffen,
Brandsätze in ein von Roma frequentiertes Lokal und in ein
Roma-Wohnhaus warfen. Schließlich wurde der 17-jährige Roma Mario
Goral bewusstlos geschlagen, mit einem Messer geritzt, einem selbst
hergestellten Brandbeschleuniger übergossen und in Brand gesetzt.
Goral erlitt erlitt dabei Verbrennungen 2. und 3. Grades auf 60%
seiner Hautoberfläche und erlag Tage später seinen Verletzungen.(2)
Neben
Pogromen mit Hunderten Angreifern, Überfällen auf Wohnhäuser und
deren Bewohner durch kleinere
Gruppen von 10 - 50 Personen fallen unter dem Begriff Mobgewalt auch
brutale Angriffe und Hetzjagden in der Öffentlichkeit, versuchte
Angriffe auf Roma-Viertel, welche nur durch Polizeigewalt verhindert
werden konnten und etliche andere Gewalttaten, welche von
nicht-staatlichen Akteuren unternommen wurden. In vielen Fällen war
eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Roma und Nicht-Roma der
Vorwand, um unbeteiligte und nichtsahnende Roma in ihren Häusern
anzugreifen, ihr Eigentum willkürlich zu zerstören und Hunderte
Roma obdachlos zu machen. In anderen Fällen waren es Lappalien oder
Gerüchte, welche die Gewalt auslösten. So in Glushnik/Bulgarien im
November 1993 als 20 Roma, darunter Frauen und Kinder, welche auf
einem privaten Weingut Trauben sammelten, von privaten
Sicherheitswachen in einem Schweinestall gesperrt und unter
Beteiligung von hinzugekommenen lokalen Zivilisten stundenlang
misshandelt wurden. In Sredno Selo/Bulgarien wurden im April 1997 5
Roma, welche angeblich Kälber gestohlen hatten, vor das Büro des
Bürgermeisters festgebunden und vor einer tosenden Menge öffentlich
misshandelt.
Die
Gewalt gegen Roma fand nach den Turbulenzen des Falls des Ostblocks
kein Ende. Auch im 21. Jahrhundert setzten sich die schwere Angriffe
gegen Roma fort. Internationales Aufsehen erregte der Fall in
Ambrus/Slowenien im Oktober 2006. Damals war nach einem Streit
zwischen zwei Nicht-Roma, von denen einer bei einer Roma-Familie
wohnte, eine 31-köpfige Roma-Familie von den Anwohnern, welche offen
ihren Tod forderten, aus ihren Häusern vertrieben worden. Der
Fotograf Borut Peterlin fotografierte die Familie als sie sich damals
10 km von ihren Häusern mehrere Tage im Wald vor dem Mob versteckte.
Mehrmals näherten sich Unbekannte der Familie im Wald und riefen
Todesdrohungen. Versuche der Behörden die Familie wieder in ihren
Häusern zurückkehren zu lassen, scheiterten an der
Gewaltbereitschaft der Anwohner. Es dauerte ein Jahr bis der Familie
eine annehmbare Unterkunft geboten wurde.
Nach
einer angeblichen Kindesentführung durch eine 16-jährige Romni, die
genauen Umstände bleiben unbekannt, kam es im Bezirk Ponticelli in
Neapel im Mai 2008 fünf Tage lang zu Angriffen gegen Roma. Bereits
drei Stunden nach dem Vorfall wurde ein unbeteiligter Roma, der sich
nach der Arbeit auf dem Heimweg befand, von 20 Angreifern überfallen
und schwer verletzt. Zwei Tage später wurde der Eingang zu einer
Roma-Siedlung in Brand gesetzt. Zwischenzeitlich zogen sich Roma, die
vereinzelt im Bezirk wohnten, aus Angst vor Angriffen in die größeren
Roma-Siedlungen zurück. Die verlassenen Behausungen wurde in der
Nacht von Unbekannten niedergebrannt. Drei Tage nach dem Vorfall
griffen 300-400 mit Metall- und Holzknüppel bewaffnete Anwohner des
Bezirks, die größte Roma-Siedlung im Bezirk an. Steine wurden auf
Behausungen und Wohnwagen geworfen, Autos demoliert und die Bewohner
der Siedlung bedroht. Am gleichen Tag wurden mehrere Roma von
kleineren Gruppen überfallen. Nach weiteren Angriffsversuchen und
Brandstiftungen waren die Roma gezwungen, den Bezirk zu verlassen.
Vom
März bis April 2011 wurden in Gyöngyöspata/Ungarn
die Roma der Ortschaft wochenlang von rechtsextremistischen Milizen
bedroht und drangsaliert. Als selbsternannte Bürgerwehren
patrouillierten die Rechtsextremisten durch den Ort, hinderten Roma
daran, bestimmte Straßen zu betreten und nehmen selbst
Personenkontrollen durch. Nach Aussagen von Amnesty International
"zwangen Drangsalierungen und Drohungen Roma-Familien dazu, ihre
Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken." Rechtsextremisten
sprachen offen Todesdrohungen gegen Roma aus bzw. bedrohten Roma mit
Waffen und Hunden. Aus Sorge um die Sicherheit der Roma wurden im
April schließlich 300 Roma vom ungarischen Roten Kreuz evakuiert.
Nur wenige Tage nach der Evakuierung kam es zu gewaltsamen
Zusammenstößen zwischen Roma und Rechtsextremisten.
In
Bulgarien kam es im September 2011 nach einem durch einem Roma
verursachten Tod eines Nicht-Roma in Katunitsa in mindestens 7
Ortschaften und Städten zu Angriffen auf Roma oder
Auseinandersetzungen zwischen Polizei und zum Teil mit Hämmern,
Messern und selbst gefertigten Sprengkörpern bewaffneten
Demonstranten, welche nur mit Gewalt daran gehindert werden konnten,
Roma-Viertel anzugreifen. Es waren die europaweit bis dahin größten
Anti-Roma-Ausschreitungen und der erste landesweite Pogrom gegen
Roma.
Insgesamt
fanden 1990 -
2014 in Europa weit über
100 Pogrome und
pogromartige Ausschreitungen
gegen Roma
statt. Zu
den Pogromen und Ausschreitungen müssen auch noch viele vereinzelte
tödliche Angriffe und unzählige nicht-tödliche Attacken durch
nicht-staatliche Akteure mitbedacht werden. Internationales Aufsehen
erregten die Morde in Tatárszentgyörgy/Ungarn
im
Februar 2009 als als ein Roma und sein 5-jähriger Sohn erschossen,
die 5-jährige Tochter der Familie angeschossen und die Mutter der
Familie und ihr jüngster Sohn verletzt wurden. Der Anschlag in
Tatárszentgyörgy
war
Teil einer Mordkampagne, welche durch eine aus vier Personen
bestehende rechtsextremistische Zelle gegen Roma verübt wurde. 6
Roma wurden ermordet, 5 Roma,darunter ein Kind, schwer verletzt,
sieben Häuser mit Brandsätzen angegriffen. Insgesamt wurden durch
die Anschläge die Leben von 55 Roma direkt gefährdet.(3) In Sandanski/Bulgarien
wurde
im August 2012 ein Bombenanschlag auf das Büro der Partei Euroroma,
welche sie für die Interessen der Roma in Bulgarien einsetzt,
verübt. Ein Mitglied der Partei wurde bei dem Anschlag schwer
verletzt und erlag Tage später seinen Verletzungen.
In
Europa sind Roma seit über 20 Jahren Ziel von brutaler Gewalt.
Besonders bedrohlich ist die Situation in Staaten wie bspw. Ungarn,
Rumänien, Bulgarien, Serbien, Ukraine und Russland. Innerhalb dieser
Staaten gibt es regionale, lokale Unterschiede, welche sich in einem
unterschiedlichen Vorgehen von Polizei und Justiz hinsichtlich der
Gewalt gegen Roma äußern. Doch innerhalb dieser Staaten gibt es
Regionen, Städte und Gemeinden in denen Hunderttausende Roma der
elementarsten Bürgerrechte beraubt sind.(4) So heißt es in einem Bericht des ERRC über die Situation der Roma
in Polen aus dem Jahr 2002:
"In
Zabrze, einer Stadt mit ca. 200.000 Einwohnern in der Provinz
Schlesien, gaben Roma gegenüber dem ERRC an, dass sie in ständiger
Angst vor Skinhead-Attacken leben, welche seit 1996 ein Bestandteil
ihres Alltags in dieser Stadt geworden sind. [...] Tatsächlich ist
in Zabrze ein Muster erkennbar, das in ganz Polen zu finden ist:
Rassistisch motivierte Angriffe und permanente Drohungen von Gewalt
gegen Roma"(5)
Es
ist unmöglich, diese Bedrohungslage adäquat in statistischen Daten
ausdrücken. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass in den meisten
Staaten keine systematische und professionelle Stelle zur Beobachtung
und Sammlung entsprechender Vorfälle vorhanden ist. Die Anzahl an
alltäglichen physischen Attacken gegen Roma lässt sich nicht einmal
annähernd abschätzen. NGO's berichten wiederholt vom Unwillen der
Betroffenen, Angriffe anzuzeigen. Aus langjährigen Erfahrungen
bezweifeln sie, dass die Behörden ihre Rechte durchsetzen und
schützen werden oder fürchten gar Repressalien durch Polizei und
Justiz, wenn sie es wagen, sich juristisch zu verteidigen. Der Data
in Focus Report 06 - EU-Midis der
Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) berichtet,
dass 69% der von physischen Angriffen und Drohungen betroffenen Roma,
keine Anzeige bei der Polizei erstatten.(6) So sind es in erster Linie nur Pogrome, schwere Angriffe und Morde,
welche, wenn überhaupt, in der Öffentlichkeit registriert werden.
Während der Kosmos an leichten
Angriffen und Anpöbelungen unerkannt bleibt. Wird diese alltägliche
Gewalt nicht als Moment der Exzesse gedacht, erscheinen die Angriffe
als Ausschreitungen, als eine Verletzung der Norm. Dann wären Roma
nach einem Angriff von Extremisten weiterhin anerkannte Bürger,
welche ihre Rechte umgehend geltend machen würden, um sich gegen
diese Übergriffe zur Wehr zu setzen. Vieles spricht jedoch dafür,
dass, wenn auch nicht flächendeckend, ein beträchtlicher Teil der
Roma in einer Welt lebt, in der physische Anfeindungen
verschiedenster Art zum festen Bestandteil des Alltags zählen.
Graziano Halilovic, Mitglied der Organisation Roma
Onlus,
über die Verhältnisse in Italien:
"Es
gab eine weite Mobilisierung gegen die Monster und in diesem Fall
sind die Monster wir, Roma und Sinti. Diese bedeutet, dass jeder
meint, er hätte die Pflicht uns schlecht zu behandeln, sie fühlen
sich dazu berechtigt. Dies schafft einen gewaltigen psychologischen
Terror für Roma. Über die tatsächlichen Geschehnisse hinaus, ist
immer die Angst, was noch passieren könnte. Es gibt Schläge,
Misshandlungen gegen Frauen, welche auf den Straßen um Geld bitten.
Die Leute sagen. »Ich wache auf, ich muss den Tag angehen und frage
mich, was wird heute mit mir passieren?"(7)
Ähnliche
Aussagen finden sich in vielen detaillierten Berichten zu der
Situation der Roma in Europa. Roma fühlen sich unsicher, meiden
bestimmte Straßen, Bezirke und leben mit der allgegenwärtigen
Drohung von Gewalt. Nach dem Data in Focus Report 06 - EU-MIDIS
geben europaweit 18% der Roma an, in den letzten 12 Monaten,
Opfer eines physischen Angriffs oder einer ernsthaften Belästigung
mit rassistischem Hintergrund gewesen zu sein. An der Spitze liegen
die Tschechische Republik (32%), gefolgt von Griechenland, Polen
(26%), Ungarn (19%) und der Slowakei (16%). Der Bericht bringt die
niedrige Anzeigenrate, abgesehen vom fehlenden Vertrauen in die
Behörden, damit in Verbindung, dass die Opfer sich an die
wiederholten Anfeindungen gewöhnt haben.(8) Ungeachtet aller Erklärungen und Versicherungen, welche von
offizieller Seite gegeben werden: Die Gewalt gegen Roma in Europa
ist seit über zwei Jahrzehnten außer Kontrolle. Die Chronologie
Pogrome, pogromartige Ausschreitungen gegen Roma in Europa
1990-2014 (9) dokumentiert die Gewalt gegen Roma durch nicht-staatliche Akteure.
Abgesehen von wenigen Experten ist diese Geschichte, obwohl relativ
gut dokumentiert, in dieser Einheit der Öffentlichkeit so gut wie
unbekannt.
(9) http://truefaceofeurope.blogspot.co.at/p/blog-page.html